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Bürger schaffen Wissen

Die Plattform für Citizen-Science-Projekte aus Deutschland: Mitforschen, präsentieren, informieren!

Nachgeforscht bei Tobias Sturn von Picture Pile

20. Juli 2016 von Wiebke Brink

Der Spieleentwickler Tobias Sturn arbeitet am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse in Laxenburg in Österreich und konzipiert dort verschiedene sogenannte Serious Games. Wer mitspielt, unterstützt die Wissenschaft, zum Beispiel im Projekt Picture Pile. 

Wo sind Sie zum ersten Mal mit Citizen Science in Berührung gekommen und was hat Sie bewegt, dabei zu bleiben?

Ich komme eigentlich aus der Spieleentwicklung. Ich habe meinen Master an der FH Technikum Wien im Studiengang „Game Engineering und Simulation“ gemacht  und bin danach zum „Computer Grafik“ Institut an der TU Wien gekommen. Dort gab es ein sehr interessantes Projekt zusammen mit dem „Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse“, an dem ich heute arbeite. In dem Projekt ging es darum sogenannte „Serious Games“ zu entwickeln, also Spiele mit einem ernsthaften, sinnvollen Zweck, in dem Leute durch Spielen dazu beitragen Landbedeckungskarten zu verbessern.

Diese Denkweise, also beim Entwickeln von Spielen nicht nur an die Unterhaltung der Spieler zu denken, sondern dass sie durch das Spielen auch etwas Sinnvolles beitragen und möglicherweise auch etwas lernen, hat mich besonders fasziniert. Gerade in unserer heutigen Welt, in der fast jeder ein Smartphone besitzt, gibt es dazu ganz neue Möglichkeiten. Nehmen wir zum Beispiel das Spiel „Pokémon Go“, das Spieler dazu bringt aktiv zu werden. Oder eben auch unser Projekt Picture Pile, in dem Spieler, während sie zum Beispiel auf den Bus warten, der Wissenschaft helfen können.

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt? Und warum wollen Sie Bürgerbeteiligung?

Heutige Landbedeckungskarten sind in vielen Bereichen noch sehr ungenau. Diese Karten sind aber für die Forschung in sehr vielen Bereichen wie Klima, Ökosystem, Artenvielfalt, Energie usw. sehr wichtig. Da es heute schon in fast allen Gebieten der Erde frei zugängliche, hochauflösende Satellitenbilder gibt, kann jeder Bürger dabei helfen, diese Landbedeckungskarten zu verbessern und so die Wissenschaft in vielen Forschungsbereichen unterstützen.

Worum geht es in Ihrem Projekt (ganz kurz)?

In Picture Pile können Spieler Bilderstapel auf ihrem Handy, Tablet oder Computer sortieren. Die Spieler sehen zum Beispiel ein Bild, auf dem auf der linken Seite ein altes und auf der rechten Seite ein aktuelles Satellitenbild angezeigt wird. Die Spieler sollen jetzt erkennen ob Abholzung stattgefunden hat und je nach Antwort das Bild auf die richtige Seite schieben. Für jedes sortierte Bild gibt es dann Punkte mit denen sie sich in ein Leaderboard eintragen können. Sobald die Spieler gemeinsam den kompletten Bilderstapel sortiert haben, gibt es auch tolle Preise zu gewinnen!

Womit ringen Sie in Ihrem Arbeitsalltag am meisten?

Es gibt eigentlich nicht viel zu ringen, es macht eigentlich sehr viel Spaß, Spiele mit einem sinnvollen Zweck zu entwickeln!



Mal ehrlich: Gab es auch Fehlversuche oder Enttäuschungen? Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?



Natürlich geht auch ab und zu etwas schief. Bei unserem letzten Spiel „Cropland Capture“ berichtete zum Beispiel plötzlich Nation Public Radio über das Spiel, was einen Ansturm von Tausenden von Spielern auf einmal gebracht hat - was den Server zum Absturz brachte. Das hat uns leider viele Spieler gekostet, aber wir haben auch einige neue Spieler durch den Bericht dazubekommen.



„Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will“, weiß Galileo Galilei. Und darüber hinaus? – Was sind die 3 wichtigsten Eigenschaften, um bei dem Projekt mitzumachen?



Man braucht für Picture Pile ein Smartphone/Computer, Konzentration und Motivation, der Wissenschaft bei wichtigen Problemen zu helfen.

 

Gummistiefel und Fernglas, Toolkit oder App – wie technisch versiert sollten Ihre Mitforscher sein? Was kann man in Ihrem Projekt dazulernen?



Man muss eigentlich nicht sehr technisch versiert sein, um bei Picture Pile mitmachen zu können. Die App sollte selbsterklärend sein. Falls aber etwas unklar ist, kann man sich gerne jederzeit bei uns oder im Chatbereich der App melden. Man lernt durch das Spielen von Picture Pile,  wie sich viele Landbedeckungen der Erde drastisch in kurzer Zeit durch den Menschen ändern.



Ihr schönster Citizen Scientist-Moment – wie war der? 



Es hat schon sehr viele schöne und lustige Momente gegeben, da ist es schwierig zu sagen, was der bisher schönste Moment war. Es ist natürlich wunderbar, wenn Citizen Scientists einem sagen „Es hat total Spaß gemacht, beim Projekt mitzumachen“. Natürlich freut einen auch, wenn viele Leute beim Projekt mitmachen. In Picture Pile wurden zum Beispiel bereits über 3 Millionen Bilder von über 1000 Teilnehmern sortiert. Das freut uns natürlich auch wahnsinnig und wir möchten uns recht herzlich bei allen Teilnehmern dafür bedanken, dass ihr der Wissenschaft bei sehr wichtigen Problemen helft! Danke!



Wo kann man Ergebnisse Ihres Projektes sehen?



Auf www.geo-wiki.org

Wiebke Brink

Wiebke Brink ist Projektleiterin von Bürger schaffen Wissen. Sie setzt sich seit mehr als zehn Jahren in verschiedenen Projekten und Kontexten mit den Themen Partizipation und Kommunikation auseinander.