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Citizen Science im Naturschutz

Foto: Jannes Siems/Unsplash, CC0
Foto: Jannes Siems/Unsplash, CC0

Citizen Science wird in Deutschland bereits erfolgreich in vielen Naturschutzprojekten praktiziert, um langfristige Bestandsentwicklungen (Monitoring) für einzelne Arten und Ökosysteme aufzuzeigen und Rückschlüsse zu ziehen, wie sich Veränderungen in der Landschaft auf Lebensgemeinschaften auswirken. Aus diesen Erkenntnissen werden Empfehlungen für den Schutz, die Pflege und Entwicklung von Arten und deren Gemeinschaften formuliert. Aufbauend auf diesen Empfehlungen ist es möglich, konkrete Schutz- und Pflegemaßnahmen zu erarbeiten, welche durch die jeweiligen Behörden (Schutzgebietsverwaltungen, Naturschutzbehörden, Landespflegeverbände) auf der Fläche angewendet werden. Sowohl für die Entwicklung dieser Empfehlungen als auch für die Evaluation von Schutz- und Pflegemaßnahmen auf lokaler oder regionaler Ebene ist die Erfassung von Arten und deren Gemeinschaften essentiell. Gleichzeitig ermöglichen langfristige Untersuchungen zu ausgewählten Artengruppen und -gemeinschaften die Beantwortung von globalen Fragestellungen wie zum Beispiel die Auswirkungen von klimatischen Veränderungen auf unsere Artengemeinschaften oder die Verbreitungsmechanismen von invasiven Arten in vom Menschen veränderten Landschaften. Die Erhebung von Daten zur Erforschung der Biodiversität und zu deren Wechselwirkungen mit biotischen und abiotischen Faktoren erfolgt zu einem großen Teil durch die Unterstützung von ehrenamtlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Insbesondere die Erstellung der für den Naturschutz planungsrelevanten, gefährdeten Arten wird ehrenamtlich erhoben.

Eine wesentliche Aufgabe von Großschutzgebieten in Deutschland – den Nationalen Naturlandschaften – und unter ihnen insbesondere den Biosphärenreservaten und Nationalparks, ist einerseits ihr Bildungsauftrag im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung bzw. in Form von naturkundlicher Bildung. Andererseits gehören die Forschung und Beobachtung von Natur und Landschaft zu ihren bedeutendsten Aufgaben. Die Forschungstätigkeiten können, wie auch in der institutionellen Wissenschaft, explorativ oder hypothesengeleitet erfolgen. Sie sind, je nach Schutzgebiet, unterschiedlich verankert und reichen von der Durchführung eigener Forschungsprojekte bis hin zur Weitergabe der Forschungstätigkeiten an Dritte in Form von Gutachten. Dabei sind Umfang und Tiefe der Forschung häufig durch eine unzureichende Finanzausstattung der Nationalen Naturlandschaften und fehlende Kenntnisse und/oder Kapazitäten zur Antragstellung für Projektmittel eingeschränkt.

Citizen Science kann hier ein Ansatz zur Überwindung der Herausforderungen sein. Eine zentrale Aufgabe bei der Umsetzung von Citizen Science in Schutzgebieten ist die Mobilisierung von Freiwilligen und die Betreuung durch qualifizierte, hauptamtliche Freiwilligenkoordinatorinnen und -koordinatoren. Das Freiwilligenprogramm in den Nationalen Naturlandschaften „Ehrensache Natur – Freiwillige in Parks“ trägt mit einer Einsatzstellenbörse dazu bei, ehrenamtlich Engagierte u.a. für die Naturbeobachtung in Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservaten zu gewinnen. Teilnehmende wünschen vielfach eine Visualisierung der erhobenen Daten. Einen hohen Stellenwert nimmt die zeitnahe Kommunikation der Ergebnisse an die Teilnehmenden sowie an die kooperierenden Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen ein.

Es gilt dringend zu beachten, dass Freiwilligenaktivitäten auf Eigentümerflächen rechtlich anders einzuordnen sind als die Erfassung für behördliche Zwecke. Das Betreten z. B. des Waldes abseits der Wege ist mit den Eigentümern bzw. den Nutzern oder der Schutzgebietsverwaltung zu klären. Generell gilt, dass das Betreten abseits der Wege ausschließlich zum Zweck der Erholung –, und nicht für wissenschaftliche Erhebungen erlaubt ist.

STORY: Sporttaucher und Naturschützer arbeiten zusammen für klare Seen

Der gemeinsame Einsatz für den Naturschutz ist nicht immer selbstverständlich. Sporttaucher und Naturschützer vertreten unterschiedliche Interessen, die teilweise zu Konflikten führen. Die Sporttaucher fühlen sich zu Unrecht durch die Naturschützer in ihrer Sportausübung eingeschränkt. Umgekehrt verstehen die Naturschützer die Aktivitäten der Sporttaucher so, dass die Taucher ihr individuelles Naturerlebnis über das Schutzbedürfnis der Natur stellen. Dies möchte das Projekt „Tauchen für den Naturschutz“ ändern. Es versetzt Sporttaucher in die Lage, eigenständig den ökologischen Zustand ihrer Seen einschätzen zu können. Auf der Grundlage eines einheitlichen Ansatzes helfen Taucher dann bei der Erfassung seltener und bedrohter Unterwasserpflanzen und sammeln vergleichbare Daten über den Zustand ihrer Seen.
Die Taucher profitieren von der Zusammenarbeit mit engagierten Personen für den Naturschutz: ihre Tauchgänge werden spannender und Unterschiede zwischen den Tauchgewässern für sie besser erlebbar. Aber auch für den Naturschutz ist der Tauchsport ein Gewinn. Durch die vielen Tauchgänge vermitteln die Freizeittaucher ein viel umfassenderes Bild über den Zustand der Seen, als dies allein durch professionelle Kartierungen von Wissenschaftstauchern möglich wäre. Allein Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern besitzen 5.000 Seen, wovon sich 80 % in einem schlechten Zustand befinden. Nur durch ein gemeinsames Handeln kann diese Entwicklung aufgehalten werden.

www.nabu-naturschutztauchen.de

Tauchen für den Naturschutz

Sporttaucher*innen lernen die heimische Unterwasserwelt neu kennen, kartieren Wasserpflanzen und tragen so zum Gewässerschutz bei.
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Nachgeforscht bei Silke Oldorff von „Tauchen für den Naturschutz“

Silke Oldorff ist stellvertretende Naturparkleiterin, Taucherin, Autorin eines Bestimmungsbuchs für Unterwasserpflanzen und Initiatorin des Citizen-Science-Projekts „Tauchen für den Naturschutz“.

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„Tauchen für den Naturschutz“ wurde 2013 mit dem Deutschen Naturschutzpreises ausgezeichnet.

STORY: Landschaftsgedächtnis schaffen mit Landschaft im Wandel

Können Sie sich noch an die Landschaft Ihrer Kindheit erinnern? Landschaft wandelt sich, Landschaft wird immer homogener, aber wir bemerken dies in der Regel nicht. Landschaft im Wandel ist ein Citizen Science-Pilotprojekt, das Bürgerinnen und Bürger für Landschaftsforschung begeistert und gemeinsam mit ihnen ein kollektives Landschaftsgedächtnis aufbaut. Bürgerinnen und Bürger sollen in ihre Fotokisten und Familienalben schauen, alte Landschaftsfotos heraussuchen und diese Landschaftsausschnitte vom selben Standort aus und mit gleicher Blickrichtung wie damals erneut fotografieren. Zudem sollen die Bürgerinnen und Bürger bewerten, wie sie die Landschaftsveränderung einschätzen, z. B. positiv oder negativ, und welche ökologischen Effekte damit aus ihrer Sicht vermutlich verbunden sind. Vonseiten der Wissenschaft, wie z. B. vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, aber auch weiteren beteiligten Partnerinstituten, soll der Landschaftswandel mit Daten zur biologischen Vielfalt verknüpft werden, um herauszufinden, wie Landschaftsveränderung und die Abnahme biologischer Vielfalt zusammenhängen. Im Testgebiet Sächsische Schweiz macht wirklich „jeder“ mit. Alte, Junge, Hobbyfotografen oder auch ‚Nicht‘-Fotografen – wir haben mit dem Projekt eine große Bandbreite der Bevölkerung erreicht und zur Teilnahme bewegen können. Landschaft scheint also etwas zu sein, was den Menschen wirklich zugänglich ist, was für sie verständlich ist und zu dem sie einen konkreten Lebensbezug haben. Unser Ziel ist es, das Projekt auf ganz Deutschland auszudehnen.

www.landschaft-im-wandel.de

Weiterführende Ressourcen

  • Eine Handreichung für Citizen Science in den Naturlandschaften: Anleitung zur Entwicklung von Bürgerwissenschafts-Projekten – Citizen Science in den Nationalen NaturlandschaftenHier als pdf-Datei herunterladen.
  • Das Freiwilligenprogramm in den Nationalen Naturlandschaften „Ehrensache Natur – Freiwillige in Parks“: www.ehrensache-natur.de
  • GEWISS-Bericht Nr.9: Bürgerwissenschaften in den Nationalen Naturlandschaften – Wie können Ehrenamt, Naturschutz & Forschung für Nachhaltige Entwicklung in Schutzgebieten gestärkt werden? Hier als Pdf-Datei herunterladen.