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Bürger schaffen Wissen

Die Plattform für Citizen-Science-Projekte aus Deutschland: Mitforschen, präsentieren, informieren!

Evaluation Bürgerforschung: Internationales Umfeld

03. Dezember 2021 von Gastautor*in(nen)

Seit Ende 2020 sind Technopolis und das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NAWIK) damit beauftragt, für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Evaluation der eigenen Förderungsaktivitäten im Bereich Bürger*innenforschung durchzuführen. In einer Blogreihe informieren beide Organisationen regelmäßig über Erkenntnisse und Ergebnisse ihrer eigenen Untersuchung, aber auch Wissenswertes und Hilfreiches aus der Evaluation.


Hier geht es zur Übersichtsseite der Blogreihe!


Förderprogramme im Bereich Citizen Science | Zehn globale Perspektiven

Die Umsetzung von Förderprogrammen im Kontext der Bürger*innenforschung ist häufig mit ähnlichen Hürden verbunden und hat zugleich weltweit sehr unterschiedliche Formen angenommen. Vor diesem Hintergrund sind die wechselseitige Orientierung und der Austausch zwischen den jeweiligen Programmen von hoher Bedeutung. Welche unterschiedlichen Beispiele für die Gestaltung von Förderprogrammen lassen sich finden? Im Rahmen der Evaluation der Förderrichtlinie des BMBF wird unter anderem eine Umfeldbetrachtung durchgeführt, die nach internationalen Programmen sucht, um so gezielte Vergleichsmöglichkeiten herzustellen. Wir wollen hier nun exemplarisch zehn solcher Programme vorstellen. Dabei stützen wir uns auf öffentlich zugängliche Informationen.

Das Citizen Science Competitive Funding Program wird vom Forest Service des US Department of Agriculture (USDA) getragen. Dieses Programm versucht einerseits gegenwärtigen Herausforderungen im Kontext des Ressourcenmanagements zu begegnen und andererseits die Citizen-Science-Ansätze an staatlichen Behörden auszubauen. Die geförderten Projekte erstrecken sich über mindestens ein Jahr und sollen den Informationsbedarf des USDA bedienen. In dem Rahmen der Förderung werden Projekte sowohl monetär als auch durch Expertise unterstützt. Mit der Aufnahme in einen eigens dafür entworfenen Inkubator enthalten die Projekte, in Anlehnung an ihren aktuellen Status, ein angepasstes Coaching. Die Projekte werden sowohl für die Phase des Designs, der Implementation und des anschließenden Wissenstransfers gefördert. Wird die dritte Phase erfolgreich absolviert, erfolgt eine Auswahl von Modellprojekten. Jene Modellprojekte werden anschließend in einem nationalen Rahmen und innerhalb der jeweiligen Departments wiederholt. Die einzelnen Projektteams setzen sich aus Mitarbeiter*innen der lokalen Forest Services und freiwilligen Bürger*innen zusammen. 

Die Nationale Wissenschaftsagenda“ (NWA) ist ein Förderprogramm, welches durch den Forschungsrat der Niederlande getragen wird. Dieses Programm zur Förderung niederländischer Forschungsprojekte wurde von den Bürger*innen selbst in einem partizipativen Verfahren gestaltet. Diesbezüglich konnten 12.000 Fragen von Niederländer*innen gesammelt und zu 25 Forschungsrouten aggregiert werden. Mit diesen Routen wurde zugleich ein Fahrplan für die zukünftige Wissenschafts- und Forschungspolitik der Niederlande partizipativ entwickelt. Das Fördervolumen für die verschiedenen Forschungsrouten betrug insgesamt für das Jahr 2020 über 132 Millionen EUR. Das übergeordnete Ziel der NWA liegt aber nicht nur in der Förderung gesellschaftsrelevanter Forschung, sondern auch in der Integration von gesellschaftlichen Partnern in den Forschungsprozess, die bisher über kein direktes Mitspracherecht verfügten. 

Eine andere Programmstruktur findet sich bei den schweizerischen „Seed Grants for participatory citizen science projects“, die von der Partizipativen Wissenschaftsakademie (PWA) verliehen werden. Es handelt sich hierbei um ein kooperatives Projekt der Zürcher Universitäten ETH und UZH, in dessen Rahmen alle Projekte für eine finanzielle Förderung berücksichtigt werden, die eine Partizipation von Bürger*innen in jeder einzelnen Phase des Forschungsprozesses vorsehen. Darüber hinaus wird jedes Jahr mindestens ein Projekt zur Forschung über Citizen Science gefördert. Voraussetzung für die Bewerbung ist außerdem, dass die Projekte von Wissenschafter*innen mindestens einer der beiden Universitäten begleitet werden. Die Projekte können einmalige Fördersummen von bis zu 50.000 CHF (47.000 EUR) beantragen, die im Laufe eines Jahres ausgegeben werden müssen. Die PWA bietet neben ihrer monetären Unterstützung auch Hilfe im Projektmanagement von Citizen-Science-Vorhaben an. 

Die Participatory Science Platform“ (PSP) des neuseeländischen Ministry for Business, Innovation and Employment (MBIE) ist ein globales Pionierprojekt zur Vernetzung von Forschungsgemeinschaften im Zusammenhang mit Citizen Science. Die Zielsetzung der Plattform besteht in der Verknüpfung von lokalen Wissensbeständen und der Erzeugung wechselseitiger Lerneffekte. Die PSP gliedert sich in drei lokale Websites, die für je eine Region in Neuseeland zuständig sind und dabei lokale Probleme und Besonderheiten aufgreifen sollen. 

Die vom MBIE eingesetzten Leads der regionalen Plattformen unterstützen die Projekte in den verschiedenen Stadien der Förderung und leisten darüber hinaus sogar Hilfe bei der Erstellung von Förderanträgen. Die PSP verfügt über ein zweigleisiges Förderprogramm, bei dem einerseits bereits geplante Forschungsprojekte mit bis zu 20.000 NZD (12.000 EUR) gefördert werden können. Andererseits gibt es die Möglichkeit für lokale Communities bis zu 10.000 NZD (6.000 EUR) zu beantragen, die dafür genutzt werden können, um sich wissenschaftliche Expertise einzuholen. Mit dieser Expertise sollen die Projekte befähigt werden, einen Projektförderantrag zu stellen. 

Der Takagi Fund for Citizen Scientists von der Takagi Foundation hat sich der gezielten Förderung von Citizen Science-Projekten in ganz Asien verschrieben. Das Ziel der Fördermaßnahmen besteht in einer grundsätzlichen Demokratisierung des Wissenschaftsprozesses. Es handelt sich um eine Förderung, die sowohl von Einzelpersonen als auch von Forschungsgruppen beantragt werden kann. Die Förderung zielt spezifisch auf Projekte, deren Themen und Inhalte außerhalb der klassischen Förderrichtlinien stehen und normalerweise keine Förderung erhalten würden. Darüber hinaus wird von den Projekten ein dezidiert gesellschaftlicher Bezug in ihrer Forschung gefordert, in dessen Zusammenhang gegenwärtige Probleme aufgegriffen werden müssen. Das Besondere dieses Programms liegt in der Fördermöglichkeit von einzelnen Wissenschaftler*innen, die sich zu Citizen Science weiterbilden wollen.  Diesbezüglich übernimmt die Stiftung Kosten bis zu 5.000 USD (4.500 EUR), die für Reisen, Unterbringung und externe Seminare anfallen und die zur Vermittlung von Wissen im Bereich Citizen Science dienen.

Das Citizen Science Knowledge Center der University of Southern Denmark (SDU) bildet eine Verbindungsstelle für alle Citizen Science-Projekte und widmet sich insbesondere der Ausbildung von Talenten in diesem Bereich. Es werden diesbezüglich Seminare gefördert, die Kompetenzen an Wissenschaftler*innen weitergeben und sie so für die eigenständige Arbeit im Bereich der Citizen Science qualifizieren. Neben dieser Bildungsarbeit werden auch selbst Projekte im Kontext der Bürgerforschung und von Open Science gefördert und initiiert. Vor diesem Hintergrund erscheint das Zentrum der SDU unter anderem als eine Plattform, die den gemeinsamen Austausch der Forschenden fördern soll.   

Die Citizen Science Grants aus dem „Inspiring Science Enlargement Programme“ werden vom australischen Ministerium für Innovation, Industrie, Wissenschaft und Forschung vergeben und fördern Projekte der Bürger*innenforschung mit einem Projektvolumen von 150.000 bis 500.000 AUD (90.000 bis 300.000 EUR). Das Programm arbeitet an einer höheren Wertschätzung von wissenschaftlicher Arbeit in der Gesellschaft sowie einer gesteigerten kommunikativen Kompetenz in der Wissenschaft. Die spezifischen „Citizen Science Grants“ stehen australischen Projekten offen, welche die Teilnahme für grundsätzlich alle Bürger*innen öffnen. Die Bewerbung um die Förderung ist für alle Non-Profit-Organisationen und Regierungsbehörden in Australien möglich. Die Entscheidung über eine mögliche Förderung der jeweiligen Projekte orientiert sich primär an der erwarteten Reichweite und Bedeutung der Forschung.

Der Citizen Science Collaboration Grant von UK Research and Innovation  (UKRI) finanziert hochwertiges Engagement zwischen Forschenden und der breiteren Gesellschaft, um die Teilnahme an Forschung für alle Bürger*innen in Großbritannien zu ermöglichen. Die Forschungsprojekte, die dieses Programm fördert, sollen sich vor allem der Lösung gesellschaftlicher Probleme widmen und dabei eindeutige Vorteile für die Bürger*innen hervorbringen. Darüber hinaus setzt dieses Förderprogramm einen spezifischen Fokus auf die Verbreitung von Expertise zu Citizen Science-Projekten zwischen Wissenschaftler*innen. Erfahrene Forschende sollen diesbezüglich mit weniger erfahrenden Personen des Wissenschaftsbetriebs zusammenarbeiten, um so die Lerneffekte durch das Projekt insgesamt zu steigern. Die Höhe der Fördersumme pro Projekt beträgt 156.000 bis 375.000 GBP (187.000 bis 450.000 EUR). 

Die Plattform CitizenScience.gov wird durch die amerikanische General Services Administration (GSA) und dem Woodrow Wilson International Center for Scholars betrieben. Das Ziel der Plattform besteht in der beschleunigten Durchsetzung von Citizen Science und Crowdsourcing innerhalb der amerikanischen Regierungsbehörden. Zur Erreichung dieses Ziels findet sich auf der Plattform eine Übersicht aller staatlich geförderten Citizen Science-Projekte sowie ein Toolkit, welches die Beamten bei der erfolgreichen Durchführung ihrer Vorhaben unterstützt. Darüber hinaus versucht das Programm alle relevanten Ansprechpersonen für die jeweiligen Projekte in einer Community zu integrieren, um so einen möglichst niedrigschwelligen Austausch zu ermöglichen. Ebenfalls werden auf der Plattform ausgewählte Informationen zu wissenschaftlichen Hintergründen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Citizen Science-Projekte gesammelt. 

Das Programm Ciencia Ciudadana wird von der gleichnamigen chilenischen Stiftung organisiert. Das Programm unterstützt seit 2015 Citizen Science-Projekte und die Wissenschaftskommunikation in Chile. Zugleich sieht sich „Ciencia Ciudadana“ als zentraler Akteur in der Kartographierung und Zusammenführung von Citizen Science-Vorhaben in Chile. Die Stiftung ist neben dem Verfassen von Büchern zu Citizen Science auch mit der Organisation von Workshops und Seminaren beschäftigt. Im Kontext dieser Workshops gibt es für Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, sich über eine erfolgreiche Durchführung von Projekten zur Bürger*innenforschung auszutauschen. Ergänzend werden Symposien durchgeführt und heimischen Projekten die Teilnahme an internationalen Citizen Science-Wettbewerben ermöglicht. 




Über den Gastautoren

 

Fynn Thjorben Semken arbeitet als Praktikant bei Technopolis in Wien. Mehr Informationen über das Evaluationsteam gibt es hier.

 


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Gastautor*in(nen)

Auf dem Blog von Bürger schaffen Wissen laden wir Gastautor*innen ein über ihre Perspektive auf Citizen Science und jeweilige Themenschwerpunkte zu berichten. Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.