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Bürger schaffen Wissen

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Warum sprechen alle über Daten? Und worüber reden sie eigentlich? - Teil 1

02. Dezember 2019 von Gastautor*in(nen)

Citizen Science bietet viele Möglichkeiten Menschen mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten in die wissenschaftliche Forschung einzubeziehen. Dies beinhaltet oft Datenerfassung, zum Beispiel durch die Verwendung von Mobiltelefonen, Sensoren oder die Entnahme von Proben. Die Verwaltung solcher Daten kann in der Praxis eine Herausforderung darstellen - etwa bei der Speicherung privater Informationen, der Einrichtung technischer Infrastrukturen, dem Erstellen von Datenmanagementplänen oder der Langzeitspeicherung von Beiträgen.

Zu diesen eher ‚internen‘ Aspekten können zusätzliche Aufgaben hinzukommen, wenn das gesammelte Wissen mit Anderen (sogenannten Dritten) geteilt werden soll - zum Beispiel mit neuen Partnern in der Forschung, Verwaltung oder Industrie. In solchen Fällen können Unterschiede zwischen vorhandenen Datenverwaltungssystemen den Wissensaustausch behindern. Eventuell müssen Daten übersetzt oder gar neu aufgenommen werden.

Zu guter Letzt besteht ein Interesse die Citizen-Science-Landschaft als solche zu untersuchen – etwa in der Wissenschaftsförderung, der Politik und innerhalb der Citizen-Science-Gemeinschaft selbst. Solche Arbeiten würden von einem gemeinsamen Ansatz zur Beschreibung und zum Austausch von Informationen über Citizen-Science-Aktivitäten profitieren. Dies betrifft sowohl allgemeine Informationen (Projektname, Webseite, Kontaktstelle, usw.) als auch spezifische Details wie etwa die angewandten Methoden und Instrumente; die Beteiligten; das Finanzierungsmodelle; und die wissenschaftlichen, politischen und sozialen Auswirkungen.

Das Ziel: Gemeinsam Wissen bündeln

Diese unterschiedlichen Anforderungen an die Datenverwaltung und den Datenaustausch wurden bereits von mehreren Expertengruppen aufgegriffen. Jede mit der Absicht schon vorhandenes Fachwissen einzubringen damit zukünftige Aktivitäten eine solide Grundlage haben und nicht von Null beginnen müssen oder gar bereits vorhandenes Material neu entwickeln. Im Laufe der letzten Jahre wurden zahlreiche thematische und regionale Anstrengungen unternommen, um Leitlinien und Standards zur Bewältigung der oben genannten Herausforderungen bereitzustellen (siehe auch Abbildung 1). Einige dieser Gruppen sind institutionalisiert, während andere mit bestimmten Projektaktivitäten verbunden sind, das heißt einen kürzeren zeitlichen Rahmen haben.

Karte mit einigen Hauptakteuren in Europa, Australien, den USA und global

Abbildung 1: Karte mit einigen Hauptakteuren in Europa, Australien, den USA und global.

Status Quo: die Expertengruppen im Überblick und Herausforderungen in der Zusammenarbeit

Natürlich haben nicht alle diese Akteure ihre Arbeit zur gleichen Zeit begonnen, noch arbeiten  die Arbeitsgruppen alle mit der gleichen Geschwindigkeit oder mit den gleichen inhaltlichen Schwerpunkten. Dennoch bestehen gemeinsame Interessen und Kollaborationen konnten in vielen Fällen etabliert werden. So arbeiten beispielsweise die Citizen Science Arbeitsgruppe des „Open Geospatial Consortium“ (OGC) und die entsprechende Interessengemeinschaft in der „Group on Earth Observation“ (GEO) eng miteinander zusammen, um sich über Lösungen für den Austausch und der Integration von geographischen Daten zu vernetzen. Die Geschichte der oben genannten Arbeitsgruppen ist in Abbildung 2 grob skizziert. Aufgrund der recht dynamischen und aktiven Thematik handelt es sich hier nur um eine teilweise Momentaufnahme der aktuellen Situation.

Da all diese Gruppen aus bestimmten Interessengemeinschaften stammen (z. B. Biodiversität, Überwachung der Luftverschmutzung, Geoinformationsmanagement, Erdbeobachtung usw.), bleibt es weiterhin schwierig, sie zu finden und zu beurteilen, welche Ergebnisse für die eigenen Citizen-Science-Aktivitäten nützlich sind.

Projekt, Datensatz und Daten: Die Themenebenen der Expertengruppen

Als eine kleine Hilfe lassen sich die derzeit verfügbaren Materialien am besten anhand der von der internationalen Arbeitsgruppe der Citizen Science Association („CSA Data & Metadata Working Group (WG)“) eingeführten Unterscheidungen in drei Kategorien einteilen:

  1. Projektebene – Hier befassen sich Arbeitsgruppen (wie etwa die ECSA „Data Tools and Technology WG“ oder die COST Action 15121 Arbeitsgruppe 5) mit der Beschreibung, der Verwaltung und dem Teilen von Informationen über Citizen-Science-Projekte, Initiativen und Aktivitäten. Ziel dieser Arbeiten ist es, Projektinformationen für Interessierte auffindbar und zugänglich zu machen, um projektübergreifende Suchen und Analysen zu erleichtern.

     
  2. Datensatzebene - Der Fokus liegt hier auf der Beschreibung, Verwaltung und gemeinsame Nutzung ganzer Datensätze, also aller Daten die von einer bestimmten Gemeinschaft gesammelt wurden (z.B. von Vogelbeobachtern, Anglern oder einem Netzwerk von Schulen). Gruppen wie etwa innerhalb der „Research Data Alliance“ (RDA), CODATA und dem „World Data System“ (WDS) oder als Teil von GEO befassen sich insbesondere damit, wie allgemeine Grundsätze der Datenverwaltung im Citizen-Science-Bereich umgesetzt werden können. Solche Arbeiten zielen häufig nicht nur auf ‚interne‘ Ziele einer Citizen-Science-Gemeinschaft, sondern unterstützen auch mögliche Wiederverwendbarkeit der gesammelten Daten durch Dritte.

     
  3. Datenebene - Ziel dieser Arbeiten ist die Art und Weise der Datenformatierung (z. B. Aufzeichnungen einzelner Artenvorkommen oder Messungen eines einzelnen Luftqualitätssensors) und wie die Daten den Teilnehmern und möglicherweise Dritten zugänglich gemacht werden. Besonderes Augenmerk wird hier oft auf die Beschreibung der Datenqualität gelegt, etwa welche Schritte der Qualitätssicherung ein Datensatz durchlaufen hat. Aktive Gruppen sind unter anderem innerhalb des OGC, „Biodiversity Information Standards“ (TDWG) und DataONE, oder in Forschungsprojekten wie COBWEB und WeObserve zu finden.

Übersicht der zeitlichen Abfolge verschiedenster Arbeitsgruppen

Abbildung 2: Übersicht der zeitlichen Abfolge verschiedenster Arbeitsgruppen (Erklärungen im Text).

Ausblick

Einen Einblick in ausgewählte Ergebnisse der Expertengruppen sowie eine kleine Handlungsempfehlung folgt im zweiten Teil dieses Beitrags, der 2020 erscheinen wird. Wir freuen uns über Ihre Erfahrungen und Ansichten in den Kommentaren. Gerne können Sie dort auch auf andere Arbeitsgruppen verweisen, die sich mit Citizen Science Daten und verwandten Themen befassen.

Autor: Dr. Sven Schade arbeitet als Wissenschaftler bei der Europäischen Kommission. Mit einem Hintergrund in Geoinformatik und Wissensmodellierung gilt sein Interesse vor Allem der Integration von unteschiedlichen Datenquellen, der multidisziplinären Forschung, und der Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft. https://orcid.org/0000-0001-5677-5209

Gastautor*in(nen)

Auf dem Blog von Bürger schaffen Wissen laden wir Gastautor*innen ein über ihre Perspektive auf Citizen Science und jeweilige Themenschwerpunkte zu berichten. Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.