Logbuch der Veränderungen

Prof. Dr. Benjamin Nölting
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Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Worum geht es in diesem Projekt?
Das Forschungszentrum [Nachhaltigkeit – Transformation – Transfer] der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) lädt Bürger*innen ein, ihre persönlichen Eindrücke in Zeiten der Corona-Pandemie in einem digitalen Logbuch festzuhalten. Die übergeordnete Forschungsfrage ist: Welche Schlussfolgerungen kann man aus den beobachteten Veränderungen zu gesellschaftlichen Lern- und Transformationspotenzialen in Hinblick auf nachhaltige Entwicklung ziehen? Spezifische Untersuchungsfragen sind: - Was verändert sich? - Wie sind die Veränderungen aus Perspektive der Nachhaltigkeit einzuordnen bzw. zu bewerten? - Was bedeutet dies für die individuelle und gesellschaftliche Veränderungs- und Transformationsfähigkeit? Bürger*innen können im Online-Logbuch Veränderungen von Handlungsmustern, Routinen und Praktiken bei sich, in ihrem persönlichen Umfeld und in der Gesellschaft systematisch anhand von sechs Kategorien und Fragen dokumentieren und reflektieren.
Wie können Bürger*innen mitforschen?
Die Methode „Logbuch“, eine Art Tagebuch, ist in der Nachhaltigkeitsforschung und begleitend zu aktuell stattfindenden Veränderungsprozessen etwas Besonderes. Auf der Projekt-Website ist keine Registrierung nötig. Sie können direkt mit Ihren Einträgen starten und Beobachtungen zu folgenden Rubriken dokumentieren: Mobilität, Familie, Versorgung, Arbeit, Betreuung, Kommunikation sowie Sonstiges. In allen Rubriken können freie Texte eingegeben werden. Anschließend wird nach einer persönlichen Einschätzung der Gesamtsituation sowie nach drei Stammdaten (Altersgruppe, Geschlecht, Beschäftigungsverhältnis) gefragt. Wer möchte, kann sich in einen E-Mail-Verteiler eintragen. Ca. alle zwei Wochen werden Newsletter mit Informationen zum Logbuchprojekt und mit Erinnerungen an weitere Einträge verschickt. Sie können Ihre Einträge für den persönlichen Gebrauch als pdf-Datei speichern oder ausdrucken. Das Logbuch startet am 26.3.2020 kurz nach dem ersten Lockdown in Deutschland. Der Aktionszeitraum ist zunächst bis zum 31. März 2021 befristet. Voraussichtlich wird das Logbuch noch länger geöffnet werden, weil sich die Corona-Pandemie auch noch länger auf das Alltagsleben auswirken wird. Bürger*innen können so oft sie möchten Beobachtungen in das Logbuch eintragen. Alle Daten werden pseudonymisiert (d.h. mit einem privaten anonymen Code versehen), damit alle Einträge einer Person für die Auswertung zusammengefügt werden können. Es sind keine Rückschlüsse auf die Logbuchschreiber*innen möglich.
Was passiert mit den Ergebnissen?
Die Umfragedaten werden durch das Forschungszentrum [Nachhaltigkeit – Transformation – Transfer] der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) aufbereitet. Die Logbuchdaten werden in Hinblick auf die in der Projektbeschreibung vorgesehenen Fragen ausgewertet. Dabei kann es ggfs. eine Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen z.B. aus dem HOCH-N-Verbundprojekt (https://www.hochn.uni-hamburg.de/) geben. Gegebenenfalls werden die erhobenen Daten als Open-Source-Daten der Wissenschaft zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung gestellt.
Wozu trägt die Forschung bei?
Mit diesem Bürgerwissenschaftsprojekt soll gesellschaftlicher Wandel in einer weltweit außergewöhnlichen Krisensituation systematisch untersucht werden. Im Mittelpunkt steht die Erforschung von Lernpotenzialen für eine nachhaltige Entwicklung. Um Fragen der Transformationsforschung beantworten zu können, sollen ergebnisoffen und möglichst breit Beobachtungen von Veränderungen aus unterschiedlichen Perspektiven gesammelt werden. Die Logbuch-Methode soll zudem die Fähigkeit zur Beobachtung von Veränderungen schärfen, um mögliche Spielräume und Risiken einer Transformation aufzudecken. Schließlich sollen Schlussfolgerungen gezogen werden, ob aus dem – erzwungenen – Anpassungsprozess an Corona gesellschaftliches Lernen und Veränderungskomptenzen erwachsen sind, die auch für die Gestaltung einer Transformation in Richtung nachhaltiger Entwicklung hilfreich sein können. Durch das Logbuch wird nicht nur Wissen aus der Corona-Krise gesichert, sondern auch ein breiterer Rahmen für gesellschaftliche Debatten zu Veränderungsprozessen geschaffen.
Was sind die (Zwischen-)Ergebnisse des Projekts?
Bislang wurden fünf Erhebungsphasen durchgeführt: 1. Phase „Lockdown“, 26.03.2020-19.04.2020; 409 Einträge 2. Phase „Erste Lockerungsmaßnahmen“, 20.04.2020-24.06.2020, 419 Einträge 3. Phase „Neue Normalität“, 01.09.2020-15.09.2020; 78 Einträge 4. Phase „Zweiter Lockdown“, 16.12.2020-31.01.2021; Daten müssen noch aufbereitet werden 5. Phase „Lockdown & erste Impfungen“, 01.02.2021-31.03.2021; Daten müssen noch aufbereitet werden Im Zeitraum 26.3.-15.9.2020 gab es 906 Logbucheinträge, davon 474 Einträge von Mehrfachschreiber*innen. Verteilt über die verschiedenen Beobachtungsfelder Mobilität, Familie & Freizeit, Arbeit, Fürsorge & Betreuung, Information & Kommunikation, Sonstiges gab es 4.667 Einzeleinträge. Für die ersten drei Erhebungsphasen wurden rund 30 neue Alltagspraktiken identifiziert, die in der Corona-Pandemie durch Anpassung, Neukombination, einen neuen Sinn oder als neue Praktik entstanden sind. Dazu gehören Praktiken wie z.B. zu Fuß gehen, Einkäufe planen, selber Kochen, Arbeit von zuhause, Videokonferenzen, Bekannte aus Infektionsschutzgründen nicht treffen. Der Newsletter zum Projekt informiert über Zwischenergebnisse.