Zu nah? – Mit Abstand mehr Sicherheit!

Marie Lammel & Zoe Ingram
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Innovative Hochschule

Technische Hochschule Wildau

Innovation Hub 13
Worum geht es in diesem Projekt?
Mit dem Projekt haben wir eine Datenbasis zu Überholabständen zwischen Fahrrädern und Autos geschaffen, um das Fahrradfahren sicherer zu machen. Da bei zu geringem Überholabstand Radfahrende gefährdet sind, gilt laut StVO beim Überholen von Fahrrädern ein Mindestabstand von 1,5 Metern (innerorts) bzw. 2 Metern (außerorts). In Zusammenarbeit mit Bürger*innen haben wir Gefahrenstellen im Straßenverkehr identifiziert und Bedarfe für Maßnahmen abgeleitet, ohne dass es erst zu einem Unfall kommen musste. Dafür haben wir gemeinsam in Workshops OpenBikeSensoren (OBS) gebaut, welche mit Ultraschallsensoren die Abstände zu vorbeifahrenden Autos messen und dabei die Koordinaten festhalten. Die OBS montierten wir am Fahrrad der Bürger*innen und los ging die Messtour. Mithilfe der gesammelten Messungen und Daten aus Open Street Maps können wir analysieren, welche Umstände (z. B. erlaubte Geschwindigkeit, Straßenbreite) dazu führen, dass der geltende Mindestüberholabstand nicht eingehalten wird.
Wie können Bürger*innen mitforschen?
Teilnehmen konnten alle Bürger*innen, die regelmäßig mit dem Fahrrad in Berlin/Brandenburg fahren. In einem zweitägigen Workshop wurde gemeinsam ein OpenBikeSensor (OBS) zusammengebaut (Projektteil make). Es bestand auch die Möglichkeit, sich einen bereits fertigen OBS auszuleihen. Der OBS wurde am eigenen Fahrrad montiert und los ging die Messtour mit dem Sensor im Straßenverkehr (Projektteil ride). Bei einem Überholvorgang durch ein Fahrzeug wurde durch Betätigen eines kleinen Knopfes am Lenker der Überholabstand registriert und der gemessene Abstand zeigte sich auf dem Display. Die gefahrenen Strecken und die Überholvorgänge wurden somit gespeichert (Projektteil measure). Je mehr Fahrradfahrten und gespeicherte Überholvorgänge, desto fundierter die Datensammlung. Nach der Messphase wurden die aufgezeichneten Daten gesammelt und von uns systematisch analysiert.
Was passiert mit den Ergebnissen?
Die Überholabstände werden online im OpenBikeSensor-Portal für Berlin/Brandenburg (https://obs.adfc-brandenburg.de/) in anonymisierter Form für alle sichtbar. Als Open Data stehen die Messungen jede*m zur Verfügung und können für weitere Fragestellungen genutzt werden. Die Ergebnisse können den Kommunen einen realen Blick auf den Straßenverkehr liefern und besonders gefährliche Stellen aufzeigen. Die Daten wurden mit Informationen aus Open Street Maps zusammengeführt, um Eigenschaften des Straßenraums (z.B. Fahrbahnbreite, Straßenbelag) und Überholabstände in Zusammenhang zu setzen. Die Ergebnisse wurden unseren Citizen Scientists sowie der interessierten Öffentlichkeit bei der Abschlussveranstaltung am 5.12.23 präsentiert und gemeinsam diskutiert. Mit dem Projekt hat die TH Wildau auch den wissenschaftlichen Diskurs zu den Bedürfnissen von besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmer*innen, den Radfahrenden, gefördert.
Wozu trägt die Forschung bei?
Das Fahrrad als emissionsfreies Verkehrsmittel spielt eine zentrale Rolle bei der Mobilitätswende, welche zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich ist. Zahlreiche infrastrukturelle sowie individuelle Gründe führen jedoch dazu, dass viele Menschen das Fahrrad kaum oder gar nicht nutzen. Ein Grund dafür ist mangelndes Sicherheitserleben im Straßenverkehr, welches unter anderem durch gering empfundene Überholabstände verursacht wird. Mit der Nutzung des OBS können subjektive Einschätzungen mit objektiven Daten verglichen werden und wir können überprüfen, wie häufig Fahrradfahrende tatsächlich zu nah überholt werden. So können wir systematisch analysieren, welche infrastrukturellen Faktoren gefährliche Überholmanöver begünstigen. Die Ergebnisse können dazu beitragen, in der Gesellschaft das Bewusstsein für Sicherheit im Radverkehr zu stärken, die Radverkehrsinfrastruktur so zu verbessern, dass die Mindestüberholabstände eingehalten werden