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Nachgeforscht bei Thomas Bartoschek von senseBox

05. April 2017 von Artur Krutsch
Thomas Bartoschek stellt auf der WissensNacht Ruhr die senseBox vor (Foto: Sergey Mukhametov)
Thomas Bartoschek stellt auf der WissensNacht Ruhr die senseBox vor (Foto: Sergey Mukhametov)

Eben erst hat der Geoinformatiker Thomas Bartoschek noch den CeBIT Innovation Award „Digitales Lehren & Lernen“ für die senseBox entgegengenommen, steht er uns nun Rede und Antwort im neuen „Nachgeforscht“. Wie aus einem Schulprojekt ein Citizen-Science-Projekt wurde, was die senseBoxen so drauf haben und was mit den 178 Millionen Messungen passiert, könnt ihr hier nachlesen.

Wo sind Sie zum ersten Mal mit Citizen Science in Berührung gekommen und was hat Sie bewegt, dabei zu bleiben?

Als Geoinformatiker habe ich bereits im Studium vor über 10 Jahren bei Crowdsourcing-basierten Projekten wie OpenStreetMap mitgearbeitet, bei denen Freiwillige Geodaten sammeln und diese zu einem guten Zweck bearbeiten und freigeben. Ich habe angefangen diese Aktivitäten auch an SchülerInnen zu vermitteln und sah viel Potenzial in der Motivation und der Produktorientierung des Ansatzes in der Zielgruppe. Als Wissenschaftler interessiert mich noch mehr die Frage die Informationen nicht nur zu einem guten, sondern auch noch einem wissenschaftlichen Zweck zuzuführen. Und dieser Frage gehe ich nach.

Wie kam Ihnen die Idee zu Ihrem Projekt? Und warum wollen Sie Bürgerbeteiligung?

Die Idee entstammt den bereits angesprochenen Schüleraktivitäten. Nach der Kartierung für openStreetMap fing ich an mit Schülern auch selbst Messungen von Umweltphänomenen vorzunehmen und später auch die Messgeräte selbst zu bauen und zu programmieren. Dieser Ansatz erwies sich als optimal, um auch Skills rund um die Programmierung zu vermitteln, denn der Zweck der Datenerfassung und des Umweltmonitoring blieb im Vordergrund. So war die Idee für eine senseBox Klassenkiste geboren. Die Bürgerbeteiligung war dann einfach der nächste konsequente Schritt.

Worum geht es in Ihrem Projekt?

Mit der senseBox kann man seine eigene Messstation für diverse Umweltphänomene bauen und auch programmieren. Die erfassten Daten werden an die openSenseMap übermittelt und dienen einem dichteren Messnetz und sollen einen Informationsgewinn im Umweltmonitoring bieten. 

Womit ringen Sie in Ihrem Arbeitsalltag am meisten?

Alles unter einen Hut zu bekommen: Forschung, Lehre und Öffentlichkeitsarbeit, die in einem Citizen Science Projekt sehr wichtig ist. Der Kontakt zu den Citizen Scientists ist teilweise sehr zeitaufwendig, aber, wenn man seine Wichtigkeit begriffen hat, weiß man, dass es sich lohnt.

Mal ehrlich: Gab es auch Fehlversuche oder Enttäuschungen? Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?

Da unser Projekt im IT-Bereich angesiedelt ist, sind wir auf die Qualität und Verfügbarkeit der Elektronik-Komponenten, Mikrocontroller, Sensoren usw. angewiesen. Als Universität können wir nicht selbst produzieren und verkaufen.  So gab es vor allem zu Anfang doch hier und da schlechte Erfahrungen durch mangelnde Qualität oder Lieferprobleme. Aus Erfahrung lernt man und ich weiß fürs nächste Mal, welche Händler man meiden sollte, bzw. worauf man bei der Wahl von Kooperationspartnern achten sollte. 

„Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will“, weiß Galileo Galilei. Und darüber hinaus? – Was sind die 3 wichtigsten Eigenschaften, um bei dem Projekt mitzumachen?

Interesse am technischen Background (Wenn man die Möglichkeit haben möchte auch hinter die Hardware, die Daten, die Algorithmen zu blicken.)

Interesse an Beteiligung/Empowerment (Wenn man ein Teil der Lösung des Problems sein möchte)

Interesse Programmieren zu lernen (Die senseBox:edu ist ein Toolkit, mit dem man von Grund auf Programmierkonzepte erlernt)

Gummistiefel und Fernglas, Toolkit oder App – wie technisch versiert sollten Ihre Mitforscher sein? 

Man arbeitet mit rohen Elektronik-Komponenten, die Anleitung ist jedoch mit Laien erprobt worden und heruntergebrochen. Ein Interesse an technischen Komponenten sollte gegeben sein, Vorerfahrung ist nicht nötig.  

Was kann man in Ihrem Projekt dazulernen?

Neben dem Verständnis für Umweltphänomene, wie Wetter, Licht oder Feinstaub, können insbesondere mit der senseBox:edu Grundkonzepte der Informatik und des Programmierens erlernt werden. Wir bieten zu allen Varianten Open Educational Ressources an, mit denen man eigene Projekte umsetzen kann. 

Ihr schönster Citizen Scientist-Moment – wie war der? Was war der größte Erfolg der gemeinsamen Forschung? 

Der schönste Moment war als die ersten Daten von von Bürgern betriebenen senseBoxen auf der openSenseMap eintrudelten. Als wir gesehen haben, dass der gesamte Workflow erstmal prinzipiell funktioniert hat: Jemand hat sich die Hardware besorgt, nach unserer Anleitung zusammengebaut, auf dem Balkon aufgestellt, auf der openSenseMap registriert und erfasste nun offene Umweltdaten, die von anderen genutzt werden konnten. Mittlerweile sind knapp 400 Boxen registriert worden, von denen aktuell knapp die Hälfte live ist und Daten liefert. Knapp 178 Millionen Messungen wurden bereits vorgenommen. Die Datenmenge wird bald sehr interessant sein und wir hoffen, dass wir bald auch interessante Forschungsergebnisse erreichen können, die auf den von Bürgern erfassten Daten basieren werden.

Wo kann man Ergebnisse Ihres Projektes sehen?

Auf der openSenseMap hat man Zugriff auf alle Messdaten, die von senseBoxen erfasst wurden. Für jede senseBox und jeden Sensor sind Zeitreihen verfügbar und man kann Daten einer Region auch interpolieren, also in einem Farbverlauf die Werte auf einer Karte auch für die Regionen zwischen den senseBoxen darstellen. Alle Live- und historischen Daten sind dort zum Download verfügbar. Es gibt auch eine eigene offene Programmierschnittstelle (API).

Artur Krutsch

Artur Krutsch war bis Januar 2018 als Projektmanager und Online-Redakteur für Bürger schaffen Wissen tätig.