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Wie Citizen Science helfen kann, die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen

27. November 2019 von Maike Weißpflug

Mit den globalen Nachhaltigkeitszielen (SDGs) haben sich die Staaten dieser Welt im Jahr 2015 verpflichtet, die Zukunft der Menschheit nachhaltig zu sichern. Die insgesamt 17 Ziele der Nachhaltigkeitsagenda, darunter soziale (z.B. Abschaffung von Armut und Hunger), ökologische (z.B. Schutz des Lebens in den Meeren und auf dem Land) und politische (z.B. globale Zusammenarbeit), sollen bis zum Jahr 2030 erreicht werden.

SDGs

Wie misst man den Fortschritt auf dem Weg zur Nachhaltigkeit?

Um den Fortschritt auf dem Weg zu den SDGs zu messen, benötigen die Vereinten Nationen globale Daten. Diese kommen bislang zumeist von den Regierungen und erfassen die 17 SDGs allerdings nur völlig unzureichend. Jillian Campbell, die leitende Statistikerin des UN-Umweltprogramms UNEP, sagt: „Wir verfolgen die globale Nachhaltigkeitsagenda nun schon seit beinahe fünf Jahren, und noch immer haben wir keine ausreichenden Daten, um die ökologische Dimension der SDGs zu messen“. Zum Monitoring der SDG gibt es einen komplexen, hierarchisierten Satz von 168 Unterzielen, die jedem SDG zugeordnet sind und die mit der Hilfe von 232 Indikatoren gemessen werden. Daten für 68% der Indikatoren im Umweltbereich seien unzureichend, so die Einschätzung von Campbell.

Citizen Science als alternative Datenquelle

Die weltweite Verbreitung und Nutzung von Smartphones und Laptops ermöglichst es Bürger*innen, ihre Beobachtungen digital aufzuzeichnen und unmittelbar global zu teilen.  In einem aktuellen Beitrag in der Zeitschrift Nature Sustainability beschreibt ein Team aus internationalen Forscher*innen, Citizen Scientists und UN-Mitarbeiter*innen (darunter auch die Autorin dieses Beitrags), wie Citizen Science zum Messen der Nachhaltigkeitsziele beitragen kann. Entstanden ist die Kooperation aus den globalen Vernetzungsaktivitäten der Citizen-Science-Community, z.B. Umweltversammlung der UN in Nairobi seit 2017 (wir berichteten). Auf der ganzen Welt gibt es bereits Citizen-Science-Projekte, die beispielsweise den Zustand der Gewässer oder der Luft untersuchen. In dem Papier wird vorgestellt, wie Citizen Science auch formal in die formalen SDG-Berichtsmechanismen integriert werden kann und was die Staaten, die UN und die Citizen-Science-Aktivist*innen selbst dafür tun müssen. Auch Jillian Campbell setzt große Hoffnungen in die von Citizen Scientists erhobenen Daten. Zugleich, so betont sie, stärke dies auch den gesellschaftliche Zusammenhalt sei eine Ermutigung zum Handeln.

Beispiel SDG 14: Leben im Wasser

In manchen Bereichen gibt es bereits gute Beispiele, die erahnen lassen, welches Potential für die Nachhaltigkeitsziele in Citizen Science steckt. SDG 14 schützt das Leben im Wasser, das erste Unterziel („Target 14-1“) ist die Verringerung der Meeresverschmutzung. Das europäische Projekt Citclops hat die App „EyeOnWater“ entwickelt, mit der Bürger*innen die Farbe von Gewässern erfassen können. Dies lässt genaue Rückschlüsse auf die Wasserqualität zu. 

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Ziel 14.1: Verringerung der Meeresverschmutzung und App „EyeOnWater“ (Screenshot 22.11.2019)

Wie geht es weiter?

Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 wird das Museum für Naturkunde Berlin mit Unterstützung von Wissenschaft im Dialog eine große internationale Konferenz in Berlin zu genau diesem Thema – Citizen Science und die SDGs – durchführen. Die Konferenz wird von der Europäischen Kommission gefördert. Begleitend dazu ist ein Citizen-Science-Festival für alle Bürgerinnen und Bürger geplant, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Das Themenspektrum ist breit: Denn es wird nicht nur um die Möglichkeit der globalen Datensammlung für die SDGs mit Hilfe von Citizen Science gehen, sondern vor allem, welche politischen, sozialen und kulturellen Dimensionen mit der Idee verknüpft sind. Dass Menschen weltweit die Wissenschaft nutzen, um für eine nachhaltige Zukunft einzutreten, ist ja vielleicht eine der Möglichkeiten, endlich ins Handeln zu kommen.

Hinweise/Quellen

Maike Weißpflug

Maike Weißpflug ist promovierte politische Theoretikerin. Sie forscht derzeit am Museum für Naturkunde Berlin zu Konzepten von Open Science, Citizen Science und begleitet die Arbeit der Europäischen Open Science Policy Platform (OSPP). Weitere Forschungsinteressen sind die politische Rolle von Naturkundemuseen und gesellschaftliche Naturverhältnisse.