Patient Science – Patienten schaffen Wissen

Dr. Nils Heyen
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Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Universitätsklinikum Frankfurt/M.

Ostfalia Hochschule

Mukoviszidose e.V.

Bürgerforschung, gefördert vom BMBF
Worum geht es in diesem Projekt?
In Deutschland leiden mehr als 4 Millionen Menschen an einer Seltenen Erkrankung. Dazu zählt auch Mukoviszidose, eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung, von der etwa 8000 Menschen hierzulande betroffen sind. Wissenschaftliche Studien befassen sich nur selten mit den alltäglichen Lebensbedingungen von Patient*innen und deren Angehörigen. Ziel des Projekts ist es, einerseits wesentliche Probleme im Alltag von Mukoviszidose-Patient*innen und ihrer Angehörigen zu erforschen und andererseits exemplarisch Potenziale und Grenzen von Patient Science als einem besonderen bürgerwissenschaftlichen Format aufzuzeigen. Damit verfolgt das Projekt sowohl ein auf die besonderen Bedarfe von Betroffenen einer Seltenen Erkrankung ausgerichtetes (erstes) Ziel als auch ein auf die methodische Weiterentwicklung und weitere Verbreitung von Citizen Science abhebendes (zweites) Ziel. Während der ersten Projektphase hat sich das Team aus Patienten- und Berufsforscher*innen in einem diskursiven Prozess auf ein Forschungsthema und -design verständigt: Ziel der gemeinsam durchgeführten patientenwissenschaftlichen Studie ist es, erstmalig die typischen und wichtigsten Alltagsprobleme von Mukoviszidose-Betroffenen in Deutschland mittels einer Online-Befragung zu erfassen und im Hinblick auf ihre Bedeutung und den daraus entstehenden Unterstützungs- und Orientierungsbedarf zu analysieren. In der zweiten Projektphase gilt es, das gewählte Forschungsdesign umzusetzen, das heißt vor allem den Fragebogen zu entwickeln, die Daten zu erheben und auszuwerten. Die Ergebnisse sollen daraufhin unter Beteiligung externer Expert*innen geprüft und schließlich für die Kommunikation nach außen aufbereitet werden.
Wie können Bürger*innen mitforschen?
Bis März 2018 wurden 12 Bürger- bzw. Patientenforscher*innen ausgewählt, die seitdem mit den ca. 8 Berufsforscher*innen in einem Forschungsteam zusammenarbeiten. Für den Rekrutierungsprozess infrage kamen prinzipiell alle Bürger*innen, die von Mukoviszidose unmittelbar betroffen sind (das sind Mukoviszidose-Patient*innen sowie Angehörige bzw. Eltern mit einem erkrankten Kind). Nicht mitforschen, aber teilnehmen können darüber hinaus alle Mukoviszidose-Betroffenen an der von Anfang Juli bis Ende September 2019 laufenden Online-Befragung zu Alltagsproblemen im Leben mit dieser Erkrankung (siehe den obenstehenden Link zur Webseite des Mukoviszidose e.V.).
Was passiert mit den Ergebnissen?
Die Ergebnisse der Online-Befragung der Mukoviszidose-Community in Deutschland sollen dazu genutzt werden, den Betroffenen Wege aufzuzeigen (zum Beispiel in Form eines Selbsthilfe-Leitfadens), wie mit ausgewählten Konflikten und Alltagsproblemen besser umgegangen werden könnte – sei es aufbauend auf dem Erfahrungsschatz von (anderen) Betroffenen oder aufbauend auf medizinischer Evidenz. Die praktischen Erfahrungen und methodischen Erkenntnisse zu Patient Science als einem eigenen bürgerwissenschaftlichen Format sollen gesammelt, aufbereitet und der Citizen-Science-Community für zukünftige Patient-Science-Projekte zugänglich gemacht werden.
Wozu trägt die Forschung bei?
Aus medizinischen und ökonomischen Gründen gestaltet sich die Erforschung Seltener Erkrankungen oft schwierig. Möglicherweise erweist sich Patient Science als ein Format, das auch für die Erforschung anderer Seltener Erkrankungen gewinnbringend eingesetzt werden kann.